Kulturerbe schützen: Denkmalmesse Leipzig vom 24. bis 26. November
Wie lässt sich das Kulturerbe schützen – vor dem Klimawandel ebenso wie vor menschgemachten Bedrohungen? Lösungen zeigen Forschende auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand während der Denkmalmesse in Leipzig vom 24.-26. November 2022 in Halle 2, Stand H02. Spannende Vorträge und Diskussionen sind zudem auf dem Symposium »Kulturerbe in Gefahr – Auswirkungen des Klimawandels« am 24. November 2022 zu erwarten.
Von Jahr zu Jahr werden die Auswirkungen des Klimawandels greifbarer: Dürre, Hitzeperioden, Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Stürme nehmen zu. Dies wirkt sich nicht nur auf Mensch, Tier und Flora aus, sondern bringt auch wertvolles Kulturgut in Gefahr. Sollen Kulturgüter geschützt werden, sind Forschung und technologische Entwicklung gefragt. In der Forschungsallianz Kulturerbe haben sich daher 24 Institute der Fraunhofer-Gesellschaft sowie zwölf externe Partner zusammengeschlossen: Mit dem Ziel, über technologische Forschung zum Erhalt des kulturellen Erbes beizutragen. Wie wirken sich die klimatischen Einflüsse auf das Kulturgut aus? Wie kann man diese Auswirkungen dokumentieren und quantifizieren? Und wie entsprechend Lösungen daraus entwickeln?
Kulturerbe-Forschung zum Erleben und Anfassen
Auf der Denkmalmesse in Leipzig stellen nun verschiedene an der Forschungsallianz beteiligte Fraunhofer-Institute ihre aktuellen Forschungen und Entwicklungen vor. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB zeigt drei neue IT-Werkzeuge, die Krisen vorbeugen und das Notfallmanagement erleichtern sollen: Die Wissensplattform KERES hilft dabei, den Zustand von Liegenschaften zu beurteilen und Schadenspotenziale zu erfassen, außerdem unterstützt sie bei der Prävention und dem Notfallmanagement. Der Entscheidungsfinder hilft Verantwortlichen, Schäden durch den Klimawandel mit individuellen Maßnahmen zu begegnen. Und müssen Kulturgüter evakuiert werden, erstellt das Werkzeug WALKER Laufkarten für die Feuerwehr.
Um Kulturgüter wie Gebäude und Statuen effektiv vor Klimawirkungen schützen zu können, muss zunächst einmal bekannt sein, wie sich verschiedene Umweltbedingungen auf Gesteinskörper auswirken. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP verwendet dafür spezielle Gesteinsprüfkörper – aufgrund der äußeren Ähnlichkeit zu einer Comicfigur auch Asterix genannt – die seit den 1980er Jahren in Holzkirchen der Witterung ausgesetzt sind. Regelmäßige Untersuchungen der etwa hundert Gesteinskörper finden unter anderem per Ultraschall statt. Auf der Denkmalmesse stellt das Fraunhofer IBP einen dieser Gesteinskörper aus. In Zukunft sollen Außenskulpturen auch durch transparente Einhausungen geschützt werden, die die Forschenden des Fraunhofer IBP derzeit am Beispiel der Asterixe entwickeln. Die Modelle und Erkenntnisse aus den Forschungen zeigt das Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-HHI, virtuell über eine Augmented Reality App.
Spannende Ergebnisse liefern nicht nur Ultraschalluntersuchungen, sondern auch die Oberflächencharakterisierung solcher Gesteinskörper. Möglich wird diese durch das präsentierten Digital-Mikroskop des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT. Denn: Mit diesem können auch stehende Flächen vermessen werden, etwa ägyptische Stehlen. Weist das Objekt Defekte und Schadstellen auf? Wie ist es um die Rauheit und die Topografie bestellt? Auf diese Weise lassen sich sowohl Schäden analysieren als auch historische Materialien erhalten und digitale Zwillinge erstellen.
Eine Zustandserfassung andere Art ermöglicht das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM mit seinem Scanner, der an einer Drohne befestigt ist. Mit diesem lässt sich der Bestand großer Kulturgüter digitalisieren – es können also hochaufgelöste Punktwolken von Gebäuden und anderen Kulturstätten erstellt und bei Bedarf mit weiteren Sensordaten anreichern werden. Aus diesen Punktwolken können die Forschenden Modelle der Bauwerke ableiten. Wiederholt man die Aufnahmen regelmäßig, lässt sich die zeitliche Entwicklung äußerer Charakteristika darstellen und miteinander vergleichen. Über eine Drohne mit Laserscanner erstellte das Fraunhofer IPM einen dreidimensionalen Scan eines Wasserschlösschens – dieser wird den Besucherinnen und Besuchern der Messe auf einer Augmented Reality App des Fraunhofer HHI vorgestellt.
Die Überlieferung und Bewahrung von Kultur ist insbesondere bei den Erinnerungen von Zeitzeugen schwierig. Das Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI lässt solche Erinnerungen daher mittels Virtual Reality und Volumetrischem Video für nachfolgende Generationen erlebbar bleiben. Auf der Denkmalmesse stellen die Forschenden die Virtual Reality Experience »Ernst Grube – das Vermächtnis« vor. Es ist weltweit die erste Virtual Reality Experience, die ein volumetrisches Video eines Holocaust -Überlebenden präsentiert. Selbstverständlich können auch andere Kulturgüter mit diesen Technologien visualisiert und digital bewahrt werden.
Das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW schlägt durch seine sozioökonomische Begleitforschung für den Kulturbereich die Brücke zur breiten Öffentlichkeit. Forschungsschwerpunkte sind u.a. der Wert und die Bewertung von Kulturerbe, die Entwicklung historischer Quartiere, Partizipation und Citizen Science.
Symposium: »Kulturerbe in Gefahr – Auswirkungen des Klimawandels«
Interessante Vorträge und Diskussionen erwarten die Messebesucherinnen und -besucher auf dem Symposium »Kulturerbe in Gefahr – Auswirkungen des Klimawandels« der Forschungsallianz Kulturerbe. Dieses findet am 24. November von 9:30 bis 13:00 Uhr im Vortragsraum 10 des Congress Center Leipzig statt. Der Fokus des Symposiums liegt auf den Ergebnissen der Forschungsallianz, die anhand von Fallbeispielen vorgestellt werden und die in die vier großen Themenbereiche »Wissensplattform und Datenbank«, »Digitale Zwillinge und urbaner Raum«, »Erhalt historischer Materialien unter dem Einfluss des Klimawandels« und »Sozioökonomischer Wert von Kulturerbe im digitalen Zeitalter« gegliedert sind. Im Vortrag »Digitale Zwillinge und urbaner Raum« beispielsweise erklären Expertinnen und Experten des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik IBMT die Ultraschalltomografie, mit der sich wie bei der medizinischen Ultraschalldiagnose in das Innere von Objekten schauen lässt. Auf diese Weise können Informationen über den Zustand von Skulpturen und Gebäudeteilen gewonnen werden – etwa zu Schäden, Armierung oder Verwitterung.